Projekt

Literature on the Move
Gefördert vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF)
Angesiedelt an der österreichischen Akademie der Wissenschaften
Laufzeit: 3 Jahre

Die Forschung zu Migrationsliteratur hat sich in den letzten fünfzehn Jahren auf Fragen der Transnationalisierung konzentriert. Der Fokus der Diskussion lag dabei allerdings auf textimmanenten Zugängen. Bislang wurde außer Acht gelassen, welche Auswirkungen diese neuen AutorInnen auf die Strukturen der sie aufnehmenden literarischen Felder haben. Lässt sich aus einer literatursoziologischen Perspektive ein ähnlicher Prozess der Transnationalisierung beobachten? Und falls ja, auf welche Weise würde so eine soziologische Analyse das Verständnis der Werke immigrierter AutorInnen und ihrer Rezeption verändern?

Literature on the Move geht davon aus, dass sich das österreichische literarische Feld tatsächlich in einem Prozess der Transnationalisierung befindet und dass sich damit das Paradox von Erfolg und Marginalisierung, das immigrierte GegenwartsautorInnen im Laufe ihrer Schriftstellerkarrieren erleben, erklären lässt. Die neuen Bedingungen ermöglichten den Durchbruch von immigrierten AutorInnen, die die Transnationalisierung des literarischen Feldes inhaltlich und stilistisch vorantreiben. Gleichzeitig wird das Projekt zeigen, dass sich immigrierte AutorInnen nicht am Rand des österreichischen literarischen Feldes befinden, wie Kategorien wie „Migrantenliteratur“ implizieren, sondern im Gegenteil im Zentrum einer Transnationalisierung, die auch Auswirkungen auf alle anderen AutorInnen hat.

Literature on the Move will dieses komplexe Zusammenspiel von Globalisierung, Veränderungen der Strukturen im literarischen Feld und inhaltlicher und stilistischer Positionierung einzelner immigrierter AutorInnen mittels eines multidimensionalen Modells genauer analysieren. Das Projekt wird einen vergleichend-historischen Ansatz mit soziologischen und literaturwissenschaftlichen Methoden verbinden, um die Besonderheiten der aktuellen Situation zu beschreiben. Ausgehend von Bourdieus Analyse des literarischen Feldes wird ein mehrdimensionales Modell entwickelt, das es ermöglichen soll, die Positionierungen immigrierter SchriftstellerInnen in literarischen Feldern zu erklären. Mittels dieses Modells werden die Strukturen des österreichischen literarischen Feldes im 20. Jahrhundert punktuell analysiert und die Eigen- und Fremdpositionierungen einzelner immigrierter AutorInnen identifiziert. Dabei stehen auch inhaltliche und stilistische Positionierungen im Vordergrund, die anhand von detaillierten Textanalysen untersucht werden. Der historische Vergleich dient als Kontrast, um die spezifischen Bedingungen und Handlungen, die zur aktuellen Transnationalisierung  geführt haben, besser zu verstehen.

AutorInnen, deren Eintritt ins und Positionierung im literarischen Feld im Rahmen des Projekts untersucht werden sollen, sind: Elias Canetti, Milo Dor und György Sebestyén als Beispiele für Schriftsteller,  die im Verlauf des 20. Jahrhunderts nach Österreich gekommen sind. Fallstudien, die sich vor allem auf die letzten 20 Jahren konzentrieren, sind einer Auswahl der folgenden AutorInnen gewidmet: Zdenka Becker, Seher Çakır, Dimitré Dinev, Susanne Gregor, Alma Hadžibeganović, Ekaterina Heider, Grzegorz Kielawski, Anna Kim, Radek Knapp, Viktorija Kocman, Denis Mikan, Julya Rabinowich, Doron Rabinovici, Magdalena Sadlon, Hamid Sadr, Michael Stavarič, Stanislav Struhar, Kundeyt Şurdum, Sina Tahayori, Vladimir Vertlib, Şerafettin Yıldız und Sohn Young.